Ich habe mir eben mal einige Minuten vom Livestream bei Youtube gegeben und die vorbeiziehenden Teilnehmer beobachtet . Das sind nach meiner Einschätzung zu 90 % Normalos (viele Paare, viele Frauengruppen - wahrscheinlich Mütter, sowie einige Ältere) und zu 10 % Verschwörungsleute. Rechte Symbolik ist da gar nicht zu finden. Von daher ist das eine ganz andere Nummer als in Berlin und an so einer Demo gibt es vom Prinzip gar nix auszusetzen.
Deshalb fand ich es sehr skurril, als sie an den Gegendemonstranten vorbeizogen und mit "Nazis-raus"-Rufen bedacht wurden. Ich schätze "Düsseldorf stellt sich quer" sehr und fand es wichtig, damals Dügida die Stirn zu bieten. Das waren ja tatsächlich überwiegend Faschos. Aber das war heute unnötig bis peinlich.
Zunächst einmal ist es ein verfassungsrechtlich, verbrieftes Recht der Leute zu demonstrieren. Deshalb ist es in Ordnung, wenn sie demonstrieren.
Ob es bei steigenden Zahlen ethisch sinnvoll ist gegen völlig nachvollziehbare Maßnahmen wie Maskenpflicht und Abstand zu demonstrieren, ist eine ganz andere Frage.
Zum Dritten sollte man die Leute nicht als Nazis oder Covidioten in eine Ecke stellen, weil es die Debatte vergiftet. Sie liegen einfach falsch jetzt Lockerungen zu fordern, die übrigens sowieso passieren. Fußball darf wieder vor Zuschauern gespielt werden, in den Urlaub dürfen sie auch, Weihnachtsmärkte werden wohl öffnen (jedoch ohne Massenbesäufnisse) und selbst die Bordelle sind wieder offen. Von einer Diktatur kann also keine Rede sein.
Dennoch muss die Debatte weiter geführt werden müssen, nämlich um zu diskutieren, ob ein weiterer Lockdown nötig ist? Ich bin aus wirtschaftlichen Gründen strikt dagegen, aber ich fand heute das Argument eines englischen Mediziners sehr interessant, der sich grundsätzlich gegen Lockdowns ausspricht, aber für einen Lockdown am Jahreswechsel, weil er deutlich weniger Schaden anrichtet. Ich wusste nicht, dass Anfang Januar die Grippetoten immer ansteigen und zusammen mit Corona könnte das noch schwieriger werden.
Aber dazu muss man miteinander reden können und nicht direkt die andere Seite anbrüllen. Das wird in den nächsten Wochen und Monaten eine wahrscheinlich viel größere Herausforderung werden.