Polemik?
Als ich 8 oder 9 Jahre alt war, hat der Lebensgefährte der besten Freundin meiner Mutter meinen Bruder und mich in den Umkleidekabinen des damaligen Wellenbades sexuell missbraucht. Mein Bruder war damals 12 oder 13 Jahre alt.
Was damals genau in den Umkleiden im Detail passiert ist, kann ich heute Gott sei Dank nicht mehr genau sagen. Erinnern kann ich mich vorwiegend daran, was er vorher bereits im Schwimmbad so alles angestellt hat.
Mit meinem Bruder habe ich darüber erst ca. 30 Jahre später gesprochen. Meine Eltern haben das damals mitbekommen, weil ein Freund, der ebenfalls beim Schwimmen dabei war, seiner Mutter erzählte, dass mein Bruder und ich mit dem Mann in der Kabine verschwunden sind und mithörte, dass da wohl irgendwas passierte, was uns nicht gefiel.
Die Mutter des Freundes erzählte das dann meinem Vater, nachdem der Freund es seiner Mutter erzählt hatte und mein Vater interviewte daraufhin meinen Bruder.
Nun, am Ende haben wir beide nur mitbekommen, dass meine Eltern sehr aufgebracht waren und mein Vater abends den Lebensgefährten der Freundin aufsuchte, um die Angelegenheit zu klären.
Mit uns wurde nie wieder über das Thema gesprochen und wir beide haben es auch 30 Jahre lang nicht thematisiert. Mit meinen Eltern haben wir nie darüber gesprochen.
Sowohl mein Bruder als auch ich haben unser Leben danach weiter gelebt und die Sache verdrängt. Im Nachhinein kann ich sagen, dass dieses Erlebnis mein Leben radikal beeinflusst hat. Genauso sieht es auch bei meinem Bruder aus.
Ich wache weder schweißgebadet in der Nacht auf oder habe Panikattacken, oder Selbstmordgedanken oder Depressionen, aber mein Leben ist völlig anders verlaufen, als es verlaufen wäre, wenn ich diese Erfahrungen nicht gemacht hätte und es wird schließlich auch anders Enden, als es geendet wäre, wenn mir das nicht passiert wäre.
Im Vergleich zu den Kindern, die auf den Videos zu sehen sind, die Herr Metzelder auf seinen Rechnern hatte, ist die Sache noch glimpflich verlaufen und ist uns vergleichsweise wenig widerfahren und trotzdem ist das wohl das einschneidendste Erlebnis gewesen, dass den meisten Schaden angerichtet hat.
Was mag wohl mit der Psyche von Kindern passieren und wie mag sich deren Leben dadurch verändert haben, die das erlebt haben, was auf den Videos zu sehen war?
Mein Mitleid mit Herrn Metzelder hält sich daher in Grenzen, weil er sich mit Verlaub an Videos aufgeteilt hat, die realen Missbrauch an Kindern zeigen. Das waren keine geschauspielerten Vergewaltigungszenen mit jung aussehenden Akteuren, sondern dokumentierte Vergewaltigungen und Misshandlungen von Kindern.
Ich sage trotzdem nicht, dass solche Taten mit lebenslanger Haft oder noch drastischeren Strafen bedacht werden sollen. Wenn es nach mir ginge, würde jeder, der dazu in der Lage ist und gewillt ist, eine Chance erhalten, auch wenn solche Taten nicht wieder gut zu machen sind.
Ich glaube fest daran, dass jeder eine zweite Chance verdient hat und Menschen generell dazu in der Lage sind, sich zu ändern und auch die Gelegenheit dazu verdient haben etc.
Es ist aber keine Polemik zu fordern und zu erwarten, dass die Täter nur dann ein Recht darauf haben, wenn sie ihre Schuld und ihr Fehlverhalten einsehen, aufarbeiten und korrigieren, damit sie eine Chance verdient haben.