›zu/zum Bett gehen‹
Dazu kann ich nur diese Erklärung liefern:
Mit der recht alten [dazu gleich mehr] Redewendung ›zu Bett gehen‹ wird ein umfassender Vorgang umschrieben, der sich von dem konkreten kurzen Schritt hin zum Bette unterscheidet:
›Zu Bette gehen‹ schließt die Vorbereitungen ein, wie zB die abendliche Körperpflege, das Anlegen der Nachtkleidung usw.
In unserer deutschen Sprache, die auf Sparsamkeit der zur Verfügung stehenden Wörter angelegt ist, haben unterschiedliche Wörter trotz ihrer Ähnlichkeit allermeist auch eine unterschiedliche Bedeutung. Dies erst rechtfertigt ihre Existenz. So auch hier. Echte Synonyme gibt es kaum; es lassen sich fast immer feine Bedeutungsunterschiede finden.
Wer darüber weiter sinnieren möchte, suche zB einmal nach den markanten Bedeutungsunterschieden zwischen ›zum Beginn‹, ›zu Beginn‹ und ›am Beginn‹, die auch schon mal in Texten von Qualitätszeitungen oder in der Tagesschau übersehen werden.
Die Redewendung ›zu Bett …‹ ist seit Langem in Gebrauch. So fand ich u. a. diese Belege:
›bettrisen = sich vor Krankheit zu Bette legen müssen‹
JOHANN JACOB SPRENG [1699-1768]: Allgemeines deutsches Glossarium (756). Basel 2022 [begonnen 1740]
… und noch älter:
›Früh zu beth, spat auff, hat keinen langen [Lebens]lauff.‹
HENISCH = Georg Henischii [1549-1618]: Teutsche Sprach und Weiszheit. (343) Augsburg 1616
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Bei dieser Gelegenheit noch ein anderer Nachtrag zum Ruhrgebietsdeutsch – und der geschätzte Forumskollege Fortunist
möge mir hier die vorsichtige Ergänzung seines schönen Beispiels bitte mit einem Schmunzeln über die Regelhaftigkeit dieses Regiolektes nachsehen:
»Und wennste das nich tust, dann musste morgen nan Ahzt.«
Das Bindewort ›wenn‹ unterliegt als einziges Bindewort einem Verschmelzungsprozess, der hierzu führt:
• ›wenn du‹ => wennze oder seltener wenne
• ›wenn er‹ => wenner
• ›wenn sie‹ => wennse
• ›wenn wir‹ => wennwer
Ähnlich wird ›musst du‹ verschmolzen zu ›musse‹. Das Verhältniswort ›zu‹ wird sehr richtig durch ›nach‹ ersetzt, für das die Übersetzung allerdings ›nachem‹ ist. Somit lautet der gesamte Umformulierungsvorschlag:
›Und wennze dat nich tust, dann musse morgen nachem Ahzt.‹
Die Freunde des Ruhrgebietsdeutschen finden hier mehr zum Thema:
• https://www.ruhrgebietssprache.de/grammatik.html| Verlag Henselowsky Boschmann, Bottrop
• CLAUS SPRICK: Hömma!. Sprache im Ruhrgebiet. Straelen 1989 | (gebraucht vereinzelt zu finden für ca. 3 EUR), darin im Anschluss an ein Wörterverzeichnis 30 Regeln zur Lautgestalt und zur Grammatik. Das 175-seitige Büchlein schließt mit dieser letzten bemerkenswerten Regel:
»Riskieren Sie nie, sich im Ruhrgebiet mit irgendeiner Form von Primitiv-Deutsch, einer Art ›Babysprache‹ oder ›Gastarbeiterdeutsch‹ [1989!] oder irgendeinem anderen Gestammel, anzubiedern. Wir wissen alle, wie unsere Ausdrucksweise auf Hochdeutsch klingen müßte.
Nur is ehm Hochdeutsch so fuuachba unbequem. Deshalb sprechenwa lieba unsa Deutsch. Leeanset also richtich – dat kamman.«