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Schöne neue Welt
Die Lektüre dieser fiktiven Beschreibung einer Dystopie, einem Gegenbild zu einer positiven Utopie, lohnt sich, um sie mit den Verhältnissen abzugleichen, in denen wir leben.
Doch ist dann die Gleichsetzung mit einigen Forumsbeiträgen noch zutreffend? Eugenik, Kastenwesen und Drogen kennzeichnen Aldous Huxleys Vision. Die Abwesenheit von geschichtlichem Bewusstsein, die Verherrlichung von Taylorismus und die Abschaffung der Familie mögen in ihren Anfängen bei pessimistischer Sicht auch in unserer Gegenwart erahnt oder befürchtet werden.
Diesen Kern des Romans möchte ich allerdings nicht mit der hier vermutlich beabsichtigten Einordnung einiger positiv gestimmter Beiträge und ihrer Verfasser gleichsetzen. Vielmehr scheint mir bei unserer Diskussion das unterschiedliche Ausmaß des aufgebrachten Vertrauens in die Handelnden bedeutsam zu sein. Zur Veranschaulichung möchte ich von dem hiesigen auslösenden Beitrag über die Fan-Szene zu einer mehrmonatigen Debatte in einem anderen Strang überleiten:
Dort war gelegentlich davon die Rede, dass ein Vertrauen, zum Beispiel das in den Trainer, von diesem erworben werden müsse und die Skepsis einzelner Schreiber dadurch erst zu widerlegen sei. Diese Haltung sei den Verfassern unbenommen.
Nach meinem Verständnis hält allerdings nicht der Beobachtete den Schlüssel für die Entstehung von Vertrauen in der Hand, sondern der das Vertrauen Empfindende selbst:
# Habe ich Vertrauen, ohne dessen erst später zu erkennende Berechtigung vorab berechnen zu können? Dann nur handelt es sich um echtes Vertrauen.
# Will ich erst den Eintritt des Erhofften abwarten, bevor ich »vertraue«, dann handelt es sich nicht um echtes Vertrauen, sondern um eine bestätigende Reaktion auf die nunmehr gewonnene Sicherheit. Das Entlocken von Versprechungen soll eine angenommene Sicherheit befördern.
Vertrauen ist ein mittlerer Zustand zwischen Wissen und Nichtwissen und damit immer die riskante Vorleistung von Erwartungen. Es hilft uns, Komplexität zu reduzieren und dadurch auch bei Ungewissheit entscheidungsfähig zu bleiben. Die Bereitschaft und vor allem die Fähigkeit zu diesem Risiko sind individuell verschieden (allerdings auch trainierbar) und mögen auch mit eigenen biographischen Ereignissen und daraus gezogenen Schlüssen in Zusammenhang stehen – ihr Vorhandensein oder ihre Abwesenheit sind nicht vorwerfbar.
Deshalb gestehe ich den Skeptikern ihre Skepsis zu – und bitte die Skeptiker, ihrerseits den früh Vertrauenden diesen anderen Zugang zur Welt ebenfalls respektvoll zuzugestehen. Die Antwort auf die Frage, wer in der Sache im Nachhinein wohl »recht behalten« hat, ist dabei die für mich uninteressanteste.
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