Beiträge von Egon18Geye95Allofs

    Ein wiederholter Appell, der als steter Tropfen den Stein aushöhlen möge


    Unter dem recht drastisch formulierten Titel dieses Stranges will ich meinen Unmut darüber bekunden, dass und wenn zu sportlichen, politischen oder anderen Themen immer wieder auf die BLÖD-›Zeitung‹ Bezug genommen wird. Es stünde diesem Forum gut an, jede Äußerung von dort schlicht zu übergehen.


    Bitte aus Selbstachtung keine Zitate oder Verweisungen mehr – und vor allem bitte keine Diskussionen, die von Veröffentlichungen dieses Schmutzblattes ausgelöst werden. Ich erachte jedwede Einbeziehung dortigen Gedankengutes als peinlich und unwürdig für eine Gemeinschaft, von der ich sonst überwiegend gerne ein Teil bin.

    „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

    Mit diesem elegant formulierten Satz beginnt Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Heute vor 74 Jahren, mit Ablauf des 23. Mai 1949, trat es in Kraft. Damit war die Bundesrepublik Deutschland gegründet.



    Über gut formulierte und andere Fragen

    Zitat

    An der aktuellen Generation von Sportmoderator*innen stört mich, dass Fragen ständig mit "Wie + Adjektiv" eingeleitet werden.

    "Wie tief sitzt der Frust?"

    "Wie groß ist die Erleichterung/Freude?"

    Es nervt, weil das im Prinzip Suggestivfragen sind, die also die Antwort schon implizieren. [...]


    Diese Beobachtung samt Bewertung teile ich. Immerhin handelt es sich in den Beispielen zumindest formal um offene Fragen, welche noch eine Antwort ermöglichen, die über das JA oder NEIN auf eine Entscheidungsfrage oder ein kurzes A oder B auf eine Alternativfrage hinausgehen. Auch bemüht sich die Mehrzahl der Sportmoderatoren um einen Ertrag durch die Verwendung zunächst geeignet erscheinender Fragepronomen.


    Die Wahl fällt dabei – nicht immer gekonnt – auf zum Beispiel

    WAS? => zielt auf Sachverhaltsermittlung

    WARUM? => zielt auf Vergangenheit und Rechtfertigung [damit kann man sich auch das Privatleben mühelos erschweren]

    WER? => zielt fallweise auf Verantwortungszuweisung [dito]

    WOFÜR?/WOZU? => zielt auf Ergebnis und Zukunft?

    und eben

    WIE? => kann eine unvoreingenommene offene Frage einleiten, aber im schlechten Falle [siehe Eingangszitate] auch bereits Vorannahmen enthalten und lenken.


    Das ist nur eine kleine Auswahl an Fragewörtern. Gut gewählte Fragewörter können, richtig verwendet, dem Fragesteller helfen, zum Beispiel …

    … Zusammenhänge zu erforschen

    … Sachinformationen zu beschaffen

    … zitierfähige Aussagen zu erhalten

    … Hintergründe zu erhellen.


    Die Kunst ist es, die Fragen bewusst frei von Vorannahmen und vorweggenommenen Antworten zu formulieren – sie zugleich jedoch auch nicht wie ein Verhör wirken zu lassen. Journalisten sollten das beherrschen. Angelernte ›Moderatoren‹ haben es hingegen schwerer, wenn sie sich beim Fragen allein auf ihre Alltagskompetenz verlassen wollen.


    *****

    Und dann …

    Nach jedem Heimspiel unserer Fortuna gibt es im Anschluss zwei lehrreiche Beispiele für die verfehlte Kunst des Fragestellens:

    • Das eine ist die Pressekonferenz, in der unser freundlicher Trainer die oftmals unprofessionell fragenden Berichterstatter mit eloquenten Antworten vor den Folgen misslungener Fragen rettet.

    • Das zweite Beispiel folgt im unmittelbaren Anschluss: Was bitte soll der von unserem Stadionsprecher befragte Spieler auf so manche Frage, welche bereits ausführlichste Antwortelemente enthält und überdies als geschlossene formuliert wird, denn noch Informatives antworten? Da fasst sich nicht nur der frisch geduschte und noch schwitzende Spieler wiederholt an den Kopf.




    Die Kunst zu fragen ist nicht so leicht als man denkt;

    es ist weit mehr als die Kunst des Meisters als die des Schülers.

    Man muss viel gelernt haben,

    um über das, was man nicht weiß,

    fragen zu können.


    JEAN-JACQUES ROUSSEAU (1712-1778)




    Wann macht Jonas Hector was und wie?


    Schauen wir uns in den bislang verwendeten Formulierungen die Reihenfolge der Satzglieder an:


    1 | Die Satzglieder des Ausgangssatzes und ihre Bestimmungen:

    • Subjekt: Hector
    • Prädikat: gab
    • Adverbialbestimmung der Art und Weise: zähneknirschend
    • Objekt: Interviews
    • Adverbialbestimmung der Zeit: immer nur nach dem Spiel.

    Die Unsicherheit bei der Interpretation ergibt sich aus der unüblichen Stellung des Objekts ›Interviews‹ inmitten von zwei verschiedenen adverbialen Bestimmungen.


    2 | Die Satzglieder der ersten Variation und ihre Bestimmungen:

    • Subjekt: Hector
    • Prädikat: gab
    • Adverbialbestimmung der Zeit, Teil EINS: immer nur
    • Adverbialbestimmung der Art und Weise: zähneknirschend
    • Adverbialbestimmung der Zeit, Teil ZWEI: nach dem Spiel
    • Objekt: Interviews.

    Hier steht das Objekt noch weiter vom Subjekt entfernt. Besonders schwer wird eine Deutung nun infolge der Trennung der adverbialen Bestimmung der Zeit in zwei Teile, zwischen die eine adverbiale Bestimmung der Art und Weise eingefügt wurde. Das verwirrt erst recht.



    3 | Die Satzglieder der zweiten Variation und ihre Bestimmungen:

    • Subjekt: Hector
    • Prädikat: gab
    • Adverbialbestimmung der Art und Weise: zähneknirschend
    • Adverbialbestimmung der Zeit: immer nur nach dem Spiel
    • Objekt: Interviews.

    Das sieht schon besser aus: Beide adverbiale Bestimmungen folgen unmittelbar aufeinander, und die adverbiale Bestimmung der Zeit ist wieder ungeteilt. Dennoch scheint die Satzaussage nicht eindeutig zu sein.

    *****


    Was ist, wenn wir das Adverb ›nur‹ auf ›zähneknirschend‹ beziehen – also damit die adverbiale Bestimmung der Art und Weise noch weiter konkretisieren? Zum Ausdruck dessen sollten dann aber ›nur‹ und ›zähneknirschend‹ auch unmittelbar nebeneinander stehen. Zweite Änderung: Auf das Adverb ›immer‹ können wir verzichten, wenn wir bei dieser Gelegenheit die Verallgemeinerung ›nach Spielen‹ wählen. Somit lautet der Satz nunmehr:


    4| Hector gab Interviews nach Spielen nur zähneknirschend.





    _____

    »Natürlich wissen wir, daß für die ›Schönheit‹ eines Satzes seine Form ebenso entscheidend ist wie sein Inhalt, und zur Form eines Satzes gehört nun einmal neben seinen Wörtern die Grammatik, mit der diese Wörter zu einem Satz zusammengefügt sind: die Reihenfolge, in der sie auftreten, und die syntaktischen Kategorien, durch die sie in Beziehung gesetzt werden oder durch die sie Bezug nehmen auf die in der Grammatik festgeschriebenen Aspekte der Dinge, von denen die Rede ist.«

    JUDITH MACHEINER: Das grammatische Varieté oder die Kunst und das Vergnügen, deutsche Sätze zu bilden. Frankfurt am Main 1991. S. 7


    Aus einem Nachbarstrang:

    Zitat
    Zitat

    Nur mal so off-topic, weil ich das hier immer wieder lese. Bin selbst kein Germanist und schreibe bestimmt auch einiges falsch. Bei "anderen" handelt es sich um ein Zahladjektiv (Numerale) und Adjektive schreibst du im Deutschen immer klein. Du kannst "anderen" auch anstelle eines Nomens verwenden. In dem Fall wird das Wort selbst zum Nomen. Obwohl Nomen im Deutschen immer großgeschrieben werden, schreibst du anderen auch hier klein.
    Warum? Deshalb. [...]

    Nein, das kann man durchaus auch großschreiben, wenn man die Nominalisierung betonen will. Was allerdings wirklich nicht geht, ist "Ihr Beiden" - das lese ich auch oft. [...]


    andere /Andere


    Die Frage nach der Groß- oder Kleinschreibung des Zahladjektives anderer‹ wurde von den Forumskollegen bereits zutreffend beantwortet. So sei hier für interessierte Wort-Studiosi nur noch die Begründung nachgereicht:



    Wer sich an das amtliche Regelwerk des Rates für deutsche Rechtschreibung halten möchte, also dem ›Urmeter‹ und der fixierten Norm der deutschen Rechtschreibung, welches verbindliche Grundlage an allen Schulen ist und welchem der eben nicht rechtsverbindliche DUDEN ja nur folgt, der findet im Abschnitt 2.2 (Substantivierungen) die passende geltende Regel:


    § 58 (5)


    Zur erwähnten Ausnahme, also einer Großschreibung, wird unter E4 auf die Regel in § 57 verwiesen:



    »Die Hölle, das sind die anderen«

    Das ist die Kernaussage von Jean-Paul Sartres Dramas von der Freiheit des Menschen ›Geschlossene Gesellschaft‹. Im Original stellt sich die Frage nach der Groß- oder Kleinschreibung nicht:

    »L'enfer, c'est les autres.«

    So ist zuweilen ist auch die deutsche Übersetzung ›Anderen‹ mit der Betonung durch die Großschreibung zu lesen.



    Ein gelegentlicher Zweifel stellt sich also nicht nur hier im Forum ein.



    _____

    Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis.

    Entsprechend den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung.

    Im Weltnetz abrufbar unter: https://www.rechtschreibrat.com/DOX/rfdr_Regeln_2011.pdf | dort Seite 66.

    Heiteres zum Wochenausklang

    Der Punkt als ›gefährliches‹ Satzzeichen


    In einem anderen Strang wurde kürzlich über eine eingeforderte Korrektur diskutiert, die den Punkt als Satzendezeichen betraf:

    Zitat

    Dann schau dir doch einfach mal das Satzende an. Nach "Freunde" fehlt doch wohl ein Satzzeichen.

    Zitat

    Ich lese in dem Fall den hier: :beer: als Punkt. Denn der :beer:hinter dem Punkt sieht genauso blöd aus wie ein Punkt hinter dem :beer:



    Zu meiner Überraschung scheint sich inzwischen eine weitere und neue Deutung für einen fallweise fehlenden Punkt als Satzendezeichen anzubieten, die mir als Angehörigem der älteren Generation bis zu einem heutigen Zufallsfund [*] unbekannt war:


    »Noch weitgehend unbemerkt von älteren Menschen [...] ist der Punkt in der digitalen Kommunikation unter Jüngeren zu einem ›gefährlichen Satzzeichen‹ geworden. Eine Studie der Universität Birmingham ergab 2015 [!], dass im Englischen Textnachrichten, die mit einem Punkt enden, von jungen Empfängern als unfreundlich wahrgenommen werden. Bei ihnen gilt der Punkt als passiv-aggressives Symbol.


    Wie die Millennials und die sogenannte Generation Z das Satzzeichen interpretieren, erklärt die Linguistin LAUREN FONTEYN von der Universität Leiden: ›Wenn du eine Textnachricht ohne Punkt sendest, ist es schon offensichtlich, dass du die Nachricht abgeschlossen hast. Deshalb werden sie, wenn du als Abschluss einen Punkt hinzufügst, etwas hineinlesen – und es wird wahrscheinlich eine fallende Intonation oder ein negativer Ton sein.


    Ihr Kollege OWEN McARDLE aus Cambridge ergänzt: ›Punkte am Satzende sind meiner Erfahrung nach die große Ausnahme und nicht die Norm in Textnachrichten und haben eine neue Rolle angenommen, indem sie eine abrupte oder wütende Tonlage anzeigen.«


    *****


    Da mir bislang Gelegenheiten zum Austausch von Textnachrichten mit Angehörigen der Schneeflöckchen-Generation versagt blieben, war mir dies noch nicht aufgefallen. Dem Vernehmen nach existieren auch noch keine deutschsprachigen Untersuchungen zum Thema. Es sei den jüngeren Verwendern jedoch hoffnungsvoll zugetraut, dass sie noch lange Zeit zwischen einer Chatkommunikation und zum Beispiel einem Bewerbungsschreiben zu unterscheiden wissen, wiewohl letztere wohl ohnehin zunehmend obsolet werden.


    Jedenfalls möchte man bitte in meinen Beiträgen die Satzendezeichen auch künftig nicht etwa als Ausdruck von ›Wut‹ missverstehen, sondern einfach nur als fortgeführte Gewohnheit, die – zumindest: noch – im Einklang mit den vorherrschenden Interpunktionsregeln steht.



    –––––

    [*] MATTHIAS HEINE: Kaputte Wörter? Vom Umgang mit heikler Sprache. Dudenverlag Berlin 2022. Seite 202 f.

    Die Vorhaltungen gegenüber Fortunanovesia halte ich für unzutreffend und die Aufforderung zur Niederlegung seiner Moderatoren-Funktion für unangebracht.


    Es erstaunt mich zudem, welcher Umgang mit als missliebig empfundenen Äußerungen hier - vereinzelt - gepflegt oder geraten wird: Soll demnach also das Unerwünschte möglichst aus dem Wahrnehmungsbereich verschwinden? Das wäre mir zu billig.

    Ein bescheidener Wunsch:


    Die Spirale der - teilweise herabsetzenden - personenbezogenen Zuschreibungen möge nun bitte angehalten werden und sodann zur Sache, dem Diskussionsgegenstand, zurückgekehrt werden.


    Dies diente aus meiner Sicht der Qualität der Debatte und bewahrte das Interesse an der Lektüre selbiger - jedenfalls zumindest meines.

    Hinweis für Abonnenten

    SPIEGEL online+ zum halben Preis


    In diesem Strang wird gelegentlich aus der Nachrichtenseite ›SPIEGEL online‹ (SPON) zitiert - darunter vielleicht auch von Abonnenten dieses digitalen Nachrichtenportals in der erweiterten ›SPIEGEL+‹-Version, diese inklusive der wöchentlichen digitalen Ausgabe des SPIEGEL (PDF).


    (Nur) für jene Abonnenten ein Hinweis auf die aktuelle Möglichkeit zum Sparen:


    In einer ›Osteraktion‹ [=> SPIEGEL Abo] bietet SPON derzeit Gutscheine für eine Bezugszeit von 3 oder 6 Monaten an, durch deren Einlösung der monatliche Bezugspreis von 19,99 EUR auf 10,00 EUR sinkt. Der letzte Einlösetag ist exakt zwei Jahre nach dem Kauf – bei heutigem Erwerb also am 27.03.2025.


    Die Anzahl der Gutscheine ist für den Käufer nicht limitiert. Die Kurzeit-Abonnements enden automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Wer sich noch eine gewisse Restlebenszeit zutraut und zum Beispiel heute fünf Gutscheine für 6 + 6 + 6 + 3 + 6 Monate erwirbt und diese nach und nach einlöst, zahlt also 270 EUR statt 539,73 EUR für diesen langen Zeitraum und spart in diesen 27 Monaten 269,73 EUR. Ein bereits zum Normalpreis bestehendes Abonnement kann mit einmonatiger Frist gekündigt werden. Der erste Gutschein wäre im Beispiel dann am ersten Tag nach Ablauf der Kündigungsfrist einzulösen.


    *****


    Wer SPON+ nicht abonniert hat und dies auch nicht vorhatte, ignoriere bitte diesen Hinweis einfach. Mir liegt weder daran, für ein Abonnement zu werben, noch daran, gar eine Qualitätsdebatte auszulösen.

    aufstrebende Nation mit bald 300 Millionen (!) Einwohnern handelt, die sich also von der deutschen Bundesregierung demnächst erklären lassen soll, wo dort künftig die Toiletten zustehen haben.

    Wo steht denn, dass die deutsche Bundesregierung das vorschreiben will? Bullshit!

    Aus der gleichen Rede, knapp vor dem diskutierten Zitat:


    »Und dafür werden wir unsere Instrumente neu anpassen. Das ist mein dritter Punkt und damit bin ich beim dritten R, den Ressourcen. Dem Gender-Budgeting – noch ein sperriger Begriff. Wir haben uns in unseren Leitlinien zum Ziel gesetzt – und das BMZ hat das ganz ähnlich gemacht – bis zum Ende der Legislaturperiode 85 Prozent der von uns finanzierten Projekte gendersensibel und 8 Prozent gendertransformativ einzusetzen.«


    Sie, die deutsche Bundesregierung, traut sich offensichtlich zu, per Entwicklungshilfe (oder wie sonst?) nun stärkeren Einfluss in diesem Sinne nehmen zu wollen. Nach meinem Dafürhalten überheben wir uns, wenn unsere Bundesregierung an allen Orten dieser Welt den dortigen Regierungen ihre Werte und Grundhaltungen bis ins Detail auferlegen will.


    Bislang war die deutsche Außenpolitik ›in langen Linien‹ (und weitgehend von Regierung und Opposition gemeinsam getragen) von unseren Interessen geleitet – und damit hatten und haben wir gerade jetzt allemal genug zu tun.


    Ergänzung:

    Sehr geschätzter @Wackhino, eine Berufung auf die WELT, von der wir ähnlich wenig halten, lag mir bei der Sachverhaltsdarstellung und meiner darauf bezogenen Kritik fern. Da beziehe ich mich ausdrücklich allein auf die Worte von Annalena Baerbock selbst. Robin Alexanders Erstaunen habe ich nur erwähnt, da ich es an dieser Stelle mit ihm teile. Ihn halte ich übrigens schon seit seiner Zeit bei der taz für einen jedenfalls außerordentlich gut informierten Journalisten. Ein ›Grünen-Fresser‹ ist auch er nicht, sondern er analysiert und kommentiert in jede Richtung. Ab und zu, so auch in diesem Fall, teile ich seine Bewertung – in anderen Fällen vielleicht auch nicht. »Es kommt immer auf den Einzelfall an«, sagen nicht nur die Juristen. [Versöhnliches Emoji]


    ›Feministische Außenpoltik‹ (II)


    Es ist oft riskant, eine vertretene These mit kleinteiligen Beispielen zu unterlegen – gerade dann, wenn die beigegeben Argumente nicht zwingend sind oder gänzlich fehlen. Das ist nicht nur hier im Forum zuweilen zu beobachten, sondern es gilt auch für unsere Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, wenn sie vorgestern in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag das 86-seitige Konzept ihrer neuen ›feministischen Außenpolitik‹ erläutert:



    Sie hat schon noch einiges mehr und auch Fundierteres vorgetragen, doch sie hat eben auch genau dieses Beispiel für geeignet gehalten, ihre Absichten zur neuen ›feministischen Außenpolitik‹ zu erläutern. Die Wahl jenes Beispiels, dessen ernsten Hintergrund ich nicht verkennen will, war Annalena Baerbocks Entscheidung.


    Im wöchentlichen Gespräch mit Dagmar Rosenfeld (Podcast ›Machtwechsel‹ der WELT) erinnerte Robin Alexander am Mittwoch erkennbar konsterniert daran, dass es sich bei Nigeria um eine aufstrebende Nation mit bald 300 Millionen (!) Einwohnern handelt, die sich also von der deutschen Bundesregierung demnächst erklären lassen soll, wo dort künftig die Toiletten zustehen haben.


    Wohin geht es mit der deutschen Außenpolitik? Welche Prioritäten sollen künftig gelten?

    Die von den üblichen ›Meinungsbildnern‹ einschlägiger Medien angestachelte Empörung über den im ersten Referentenentwurf in Aussicht genommenen frühen Start der Maßnahmen schon im Jahr 2024 mag sich – hoffentlich – nach der Unterrichtung über die üblichen politischen und gesetzgeberischen Abläufe wieder legen. Danke @Wackinho.


    Ein angemessen früher Zeitpunkt (der obendrein gestuft sein wird) entfaltet selbst eine förderliche Wirkung, da die Wirtschaftssubjekte dadurch eine frühe Planungssicherheit haben. So hätte zum Beispiel die deutsche Autoindustrie dem Vernehmen nach die aus ihrer Sicht zwar zunächst ungewollten politischen Entscheidungen zur Elektrifizierung jedenfalls dann doch schon so früh wie möglich in aller Deutlichkeit gewünscht, um sich darauf rechtzeitig einstellen zu können.


    Vielleicht aber wäre manchem der heute Empörten ein Regierungshandeln mit einer geringeren Umsetzungsgeschwindigkeit generell genehmer. Auch dafür gibt es ein aktuelles Angebot, wie heute dem HANDELSBLATT zu entnehmen ist:


    »Und dann ist da noch die Deutsche Bahn. Mehr muss man eigentlich nicht schreiben, um die Seufzer auf seiner Seite zu haben. Doch der aktuelle Fall ist selbst für hartgesottene Bahnfans starker Tobak. Denn der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Michael Theurer (FDP), stellte gegenüber dem ZDF einen Zeitplan für den „Deutschlandtakt“ in Aussicht. Das Modernisierungsprogramm verspricht Züge im Halbstundentakt und eine Verdopplung der Fahrgastzahlen.

    Wann dieses Programm kommt? Theurer versprach eine vollständige Umsetzung bis 2070. Der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte noch von 2030 gesprochen.

    Der Deutschlandtakt hat aktuell also eine Verspätung von voraussichtlich 40 Jahren – das gibt es selbst bei der Deutschen Bahn nur sehr selten.«

    Quelle: https://www.handelsblatt.com/m…en-koennen-/29015094.html

    Das Streikrecht ist kein Relikt, sondern ein sich aus der grundgesetzlich geschützten Koalitionsfreiheit ergebendes Recht, das mutige Arbeiter ehedem erkämpft haben.


    Von den tariflichen Lohnerhöhungen, die in der Regel auch eine unterschiedliche (!) Branchen-Produktivität widerspiegeln und deshalb und aufgrund unterschiedlicher gewerkschaftlicher Kampfkraft unterschiedlich ausfallen, profitieren nicht nur die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer selbst, welche Monat für Monat 1 Prozent ihres Brutto-Entgeltes als Gewerkschaftsbeitrag entrichten, sondern auch nicht organisierte Trittbrettfahrer und - wie aufgezeigt - z. B. mit Zeitverzug alle Bezieher gesetzlicher Renten.


    Warum richten sich bei einem Streik die Vorhaltungen an die Gewerkschaften? Ist es etwa die Solidarität mit den Arbeitgebern, welche in der streitigen Phase ebenfalls zu keiner Einigung bereit sind?


    Manchmal steht ein aktuell vermutetes eigenes Interesse im Widerspruch zum noch nicht erkannten tatsächlichen eigenem Interesse.

    Abgeordnetenentschädigung


    Die jährliche Anpassung der Entschädigungen bedarf keines Beschlusses des Deutschen Bundsstages - die vom Bundestagspräsidenten veranlasste Veröffentlichung in einer Bundestags-Drucksache genügt:


    Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages

    (Abgeordnetengesetz - AbgG)

    § 11 Abgeordnetenentschädigung

    »(4) Die monatliche Entschädigung nach Absatz 1 wird jährlich zum 1. Juli angepasst. Grundlage ist die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Nominallohnindex, den der Präsident des Statistischen Bundesamtes jährlich bis zum 31. März an den Präsidenten des Deutschen Bundestages übermittelt. Dieser veröffentlicht den angepassten Betrag der Entschädigung in einer Bundestagsdrucksache.«

    Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/abgg/__11.html



    Die jüngste dieser jährlichen Veröffentlichungen sei als Beispiel genommen und im Ausschnitt zitiert:


    Deutscher Bundestag

    Drucksache 20/1516 20. Wahlperiode

    Unterrichtung durch die Präsidentin des Deutschen Bundestages

    Bekanntmachung der Anpassung der Abgeordnetenentschädigung (§ 11 Absatz 1 des Abgeordnetengesetzes – AbgG)

    und der fiktiven Bemessungssätze (§ 35a Absatz 2 und § 35b Absatz 2 AbgG)
    zum 1. Juli 2022

    »Das Abgeordnetengesetz (AbgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I S. 326), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches vom 8. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4650) regelt in § 11 Absatz 4 das Verfahren der Anpassung der Abgeordnetenentschädigung.

    Danach hat der Präsident des Statistischen Bundesamtes der Präsidentin des Deutschen Bundestages die Entwicklung des Nominallohnindexes mitzuteilen. Diese veröffentlicht danach den angepassten Betrag der Entschädigung in einer Bundestagsdrucksache. [...]

    Die Mitteilung ist mit Schreiben des Präsidenten des Statistischen Bundesamtes vom 22. März 2022 erfolgt.

    In diesem Schreiben wird die Erhöhung des Nominallohnindexes mit 3,1 Prozent beziffert. Hieraus ergeben sich mit Wirkung zum 1. Juli 2022 die folgenden Veränderungen: [...] Berlin, den 7. April 2022 Bärbel Bas«

    Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/20/015/2001516.pdf


    *****


    Die Beurteilung der Angemessenheit von Abgeordnetenentschädigungen sei jedem selbst überlassen, wobei allerdings auch die Beurteilungsfähigkeit selbstkritisch geprüft werden sollte. Der Erhöhungsmechanismus ist übrigens der gleiche wie der für die 25 Mio. gesetzlichen Renten.


    Bei dieser Gelegenheit: Die Rentner haben die Wahl, welche Sichtweise sie zum Geschehen einnehmen wollen. Sie könnten demnach auch – jedenfalls im Hinblick auf das eigene Portemonnaie – an hohen Tariflohnsteigerungen interessiert sein und die seltenen Störungen durch Streiks dafür einsichtig und bereitwillig in Kauf nehmen.

    Heute wird der rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete Jakob Maria Mierscheid 90 Jahre alt.


    Der am 01.03.1033 in Morsbach/Hunsrück geborene Jakob Maria Mierscheid gehört dem Deutschen Bundestag seit Ende 1979 an und ist damit nach Wolfgang Schäuble (CDU) der dienstälteste Abgeordnete. Der gelernte Schneider und Vater von vier Kindern legt die Schwerpunkte seiner politischen Tätigkeit als Mandatsträger wie auch in den vergangenen vier Jahrzehnten vor allem auf: » • Allgemeine Sozialfragen • Probleme der Berufsausbildung • Aufzucht und Pflege der geringelten Haubentaube in Mitteleuropa und anderswo • Untersuchung des Nord-Süd-Gefälles im Bundesgebiet.«

    Quelle: https://www.spdfraktion.de/abgeordnete/mierscheid?wp=13 | abgerufen am 01.03.2023


    Aus der Wissenschaft erreichten den Sozialdemokraten Geburtstagswünsche von u. a. Friedrich Gottlob Nagelsmann, Ernst August Dölle und Johann J. Feinhals. Auch an seinem heutigen Geburtstag wird sich Jakob Maria Mierscheid allen öffentlichen Feierlichkeiten entziehen, was erneut vom angenehm zurückhaltenden Wesen dieses stillen und fleißigen Ausnahme-Parlamentariers zeugt. Mögen dem ›Archetyp des Hinterbänklers‹ Jakob Maria Mierscheid noch viele Gelegenheiten vergönnt sein, das politisch interessierte Publikum mit seiner überwiegend flüchtigen Präsenz zu beehren.

    neystune schrieb:


    ›Feministische Außenpolitik‹


    Danke für den Hinweis auf den aktuellen Artikel aus der WELT. Was unter der Bezeichnung ›Feministische Außenpolitik‹ verstanden werden könnte und worauf sie völkerrechtlich beruht [ANNALENA BAERBOCK: »... ich komme vom Völkerrecht ...«], findet sich u. a. in der maßgeblichen UN-Resolution 1325 (2000) vom 31. Oktober 2000, welche der UN-Sicherheitsrat auf seiner 4213. Sitzung einstimmig beschlossen hat.


    Neben dem darin beschriebenem Auftrag, welcher der oben zitierten Pressemeldung zufolge nun eine weitere und deutlichere Konkretisierung erfahren soll (und zu welcher ich mich eines Kommentars enthalte), sei einmal auf die typische Art der Formulierungen solcher Resolutionen hingewiesen, die sich von denen in z. B. Gesetzestexten und anderen geläufigen Rechtsnormen unterscheiden:



    Das gemeinsame Ziel ist also in einem einzigen Satz mit rekordverdächtigen 1271 Wörtern ausgedrückt. Da mögen sich die Aufgeforderten und die Beteiligten das jeweils für sie politisch Passende heraussuchen. In unserem Außenministerium scheint man fündig geworden zu sein.




    Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit.

    Der Satz ist ein Modell der Wirklichkeit,

    so wie wir sie uns denken.

    LUDWIG WITTGENSTEIN

    Tractatus logico-philosophicus (4.01)




    Leicht verwechselbare Wörter



    In der Reihe ›DUDEN TASCHENBÜCHER‹, die seit längerem nicht mehr fortgeführt wird, erschien 1973 der Band ›Leicht verwechselbare Wörter‹. Er handelt laut Vorwort von einzelsprachlich semantischen Interferenzen und ihren Verwechslungsursachen.


    Aufgeführt sind Paronyme [Übereinstimmung mit anderen Wörtern, doch mit anderer Bedeutung], Derivata [abgeleitete Wörter], Schein- und Pseudosynonyme, von denen einige selbsterklärende die hier im Aktuellen Wortstudio bislang gesammelten ergänzen mögen:


    Für die Verständigung der Menschen untereinander ist der korrekte Gebrauch der Wörter noch wichtiger als der korrekte Gebrauch der Grammatik. So möge die obige Liste den Interessierten als kleiner Selbsttest dienen – und zugleich den Respekt vor jenen fördern, die sich der großen Mühe unterziehen, Deutsch als Fremdsprache zu lernen.

    Tatsächlich gibt es eine Fülle an Füllwörtern


    In einem anderen Forumsstrang, der die konkrete physische Auswirkung diverser Gemütsbelastungen zum Inhalt hat, wurde jüngst auf den übermäßigen Gebrauch der Satzeinleitung ›tatsächlich‹ aufmerksam gemacht, dem sich Hinweise auf weitere Füllwörter anschlossen. Dazu eine Bemerkung:


    Mit dem Adverb ›tatsächlich‹ wurde ursprünglich die Bestätigung einer Vermutung ausgedrückt oder die Hervorhebung einer Tatsache, die wider Erwarten eingetreten oder nicht eingetreten ist.


    Wie nicht selten führt hier ein Sprachwandel zu einer Bedeutungsverschiebung: Nunmehr wird einfach ein Faktum bestätigt, dass schlicht geschehen ist oder auch nicht. Der Aussage wird nichts Wesentliches hinzugefügt; ›tatsächlich‹ wird zum Füllwort. Das mag einer Bekräftigung dienen – vielleicht ist es auch der Versuch, eine Kommunikation zu strukturieren, ähnlich wie das verbreitete und zugleich nach innen selbstbestätigende Zögerungsmerkmal ›genau‹, welches Redeabschnitte einleitet oder abschließt.


    Einer Vermutung zufolge entspreche ›genau‹ dem US-amerikanischen ›okay‹ – und ›tatsächlich‹ sei eine Übersetzung des englischsprachigen ›indeed‹ oder ›actually‹. Tatsächlich wird es ja Beides wird überwiegend von jüngeren Sprechern verwendet.


    Bei dieser Gelegenheit noch eine kleine Liste weiterer Füllwörter oder anderer Wörter, deren Verwendung von Sprechern, die es genau nehmen möchten, gut überlegt sein will:



    Tatsächlich gäbe es sicher noch einiges mehr zu Füllwörtern zu schreiben. Jedenfalls bezeugen Modewörter und manche der einem Bedeutungswandel unterliegenden Füllwörter:


    Unsere Sprache ist lebendig und entwickelt sich.


    Ob stets zum Besseren? Das möge jeder Lesende Leser selbst entscheiden …


    Karl Valentin


    Heute vor 75 Jahren, an einem Rosenmontag, ist Karl Valentin gestorben. Hätte der große Philosoph des kleinbürgerlichen Alltags das gestrige Nürnberger Ereignis zu kommentieren gehabt, wäre ihm vielleicht dieser seiner überlieferten Aussprüche gelegen gekommen …


    »Hoffentlich wird es nicht so schlimm wie es schon ist!«


    … und er hätte, eine gewisse Skepsis im hiesigen Forum aufgreifend und abwandelnd, angefügt …


    »Die Zukunft war früher auch besser!«



    Doch Valentin Ludwig Fey (so sein richtiger Name), dessen Schaffen zum Beispiel Loriot, Gerhard Polt,Willy Astor und manch andere beeinflusste, hält für uns Fortunen auch diesen Trost bereit:


    »Wer am Ende ist, kann von vorn anfangen,

    denn das Ende ist der Anfang von der anderen Seite.«




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    KARL VALENTIN *4. Juni 1882 in München; † 9. Februar 1948 in Planegg