Johannes Strassmann ist tot, das steht mit Sicherheit fest. Es war seine Leiche, die Polizisten vor einigen Tagen aus dem Ljubljanica-Fluss im slowenischen Ljubljana gezogen hatten und die sie zunächst nicht hatten identifizieren können. Nicht nur auf der Facebook-Seite, die Freunde anlässlich des Verschwindens des prominenten Poker-Spielers eingerichtet hatten, wird seither über die Umstände seines Todes gerätselt.
Was ist mit dem 29-Jährigen passiert, nachdem er die Gruppe, mit der er am vergangenen Samstagabend unterwegs war, verlassen hatte? Die Polizei schließt ein Verbrechen aus, heißt es.
Für den österreichischen Poker-Profi Markus Golser, einen der Wegbegleiter Strassmanns in der Poker-Welt, ist diese Ungewissheit das Schlimmste. "Ich hoffe, dass man bald Genaueres weiß." Golser hatte Strassmann 2007 bei der European Poker Tour in Prag kennengelernt - am Pokertisch, wo sonst. "Johannes hat mich einfach angesprochen", sagt Golser. Das sei Strassmanns Art gewesen. Zielstrebig sei er gewesen, sehr ehrgeizig und kontaktfreudig, "und er war ein sehr aufrichtiger Mensch", das habe ihm gefallen.
Trainer der Stars
Strassmann, der in Bonn geboren wurde und dann nach Wien zog, um professionell Poker zu spielen und später Stars der Szene wie Pius Heinz trainierte, gründete mit Golser 2012 die Online-Pokerschule CardCoaches. Die beiden trennten sich allerdings nach einigen Monaten wieder. Es habe geschäftliche Probleme gegeben, sagt Golser, die Ausgaben seien viel höher gewesen, als beide erwartet hätten. "Aber privat haben wir uns immer gut verstanden."
Vor zwei Monaten hat Golser Strassmann zuletzt gesehen. "Johannes hatte mich angerufen. Wir haben uns zum Essen getroffen und stundenlang geredet." Dabei hätten sie letzte Unstimmigkeiten von früher ausgeräumt. "Ich frage mich jetzt manchmal schon, ob er eine Vorahnung hatte damals", sagt Golser. "Ob er das noch regeln wollte, solange er noch auf der Erde war."
Dass Strassmann sich etwas angetan haben könnte, hält er für unwahrscheinlich. "Johannes hat mir erzählt, dass er eine Weltreise machen wollte. Er war immer viel unterwegs, aber nur über Poker. Jetzt wollte er so herumreisen, Freunde treffen - seine Mitte finden. Das war sein Ziel." Strassmann habe sich in den vergangenen Monaten viel mit Meditation beschäftigt, und auch nach Slowenien habe ihn ein solches Seminar geführt, das er sogar leiten wollte. Danach wollte er nach Kroatien, soweit Golser das erinnert, und später nach Amerika.
Eine Auszeit vom Poker
"Er wollte sich eine Auszeit vom Poker nehmen", sagt Sandra Naujoks, die mit Strassmann fünf Jahre lang für den Sponsor PokerStars spielte. Strassmann sei ein besonderer Poker-Spieler gewesen. "Er spielte nicht wie andere für sein Ego oder seine Gegner. Er wollte das Spiel ganzheitlich verstehen", sagt Naujoks. "Und er hatte die Disziplin, die man braucht, um ein großes Turnier durchzustehen." Dass er eine Pause einlegen wollte, habe sie gut verstehen können.
"Das klingt immer alles nach einem tollen Leben, Jetset, aber es ist auch sehr anstrengend, wenn man einen solchen Vertrag hat", sagt Naujoks. "Man ist immer unterwegs, sieht Freunde und Familie nur selten, hat wenig Zeit fürs Privatleben. Und die Wohnung benutzt man nur, um seine Koffer unterzustellen." Außerdem sei der Druck sehr hoch, schließlich liege das Startgeld häufig bei 5000 bis 25.000 Euro. "Das ist eine hohe psychische Belastung."
Mit Alkohol oder anderen Drogen habe Strassmann seines Wissens aber nie viel zu tun gehabt, sagt Golser. "Johannes war Sportler durch und durch." Er habe mehrmals die Woche trainiert, Mixed Martial Arts, Fitnessstudio, Yoga, Laufen. Wenn sie unterwegs waren, habe er den ganzen Abend meistens nur Wasser getrunken.
"Ich habe die ganze Zeit noch die Hoffnung gehabt, er sitzt vielleicht noch in seinem Seminar, ohne Kontakt zur Außenwelt", sagt Golser. "Ich hoffe, die Ungewissheit ist bald vorbei." Sandra Naujoks und die anderen Teamkollegen wollen Strassmann nun die letzte Ehre erweisen - um sich zumindest auf der Beerdigung von ihm verabschieden zu können.