Vorab: Ich habe überhaupt keine Ahnung von diesem Spiel und eigentlich interessiert es mich auch nicht. Will heißen: Soll gucken wer Spaß daran hat und ich gönne es euch. Nun aber zu meiner Frage: Diese Spiele werden für einen gewissen Zeitraum in Europa ausgetragen, oder?
Ist es denn dann nicht das Gleiche wenn europäische Fußballspiele in Asien ausgetragen werden? Zu deren Primetime, hier also irgendwann vormittags?
Oder sind die für die amerikanische Liga uninteressant? Wir gehen ja als Fußballfans zu Recht steil, wenn der asiatische Markt mit allen Mitteln "erobert" werden soll.
Sorry für die vielleicht blöde Frage
Hallo fürimmer
Als langjähriger American Footballliebhaber (habe seinerzeit im zarten Jugendalter das erste Spiel zwischen zwei europäischen Amateurmannschaften, Düsseldorf Panther gegen Frankfurter Löwen, 1979 gesehen) tue ich meinen Senf auch mal dazu:
Der Vorteil der National Football League (NFL) ist, dass man sich bei denen keine Sorge machen muss, dass die Kommerzialisierung zunimmt, weil das Ganze ist von vorneherein 100% kommerziell aufgestellt war. Von den 32 Teams gehören 31 Teams reichen Menschen, nur die Green Bay Packers haben eine etwas schräge Konstellation, die sichert, dass das Team im Besitz der Kommune bleibt. Ansonsten ziehen die Teams von einer Stadt in die andere, wenn sie dort bessere Konditionen bekommen, was den Teams auch die Möglichkeit gibt, ihre Heimatgemeinde zu erpressen. Der amtierende Meister z.B., die Los Angeles Rams waren eigentlich die Cleveland Rams (1936-45), wurden dann zu den Los Angeles Rams (1946-1994), dann zu den St. Louis Rams (1995-2015) und dann wieder zu den Los Angeles Rams (seit 2016). Und den Pokal bekommt als erstes auch nicht der Mannschaftskapitän oder der Trainer, sondern natürlich der Besitzer. Und Trainer und Spieler versäumen es auch nicht, häufig dem Besitzer und seiner Familie herzlich (um nicht zu sagen: unterwürfig) zu danken, was sie alles Gutes für einen tun. Aber so war es halt immer schon, das sind keine Vereine sondern Unternehmen. Diese Unternehmen sind in der Dachorganisation NFL organisiert und diese Organisation hat die Aufgabe die Gewinne der 32 Unternehmen zu steigern und dazu gehört natürlich auch das Erschliessen neuer Märkte.
Um die neuen Märkte ausserhalb der USA zu erschliessen, spielen die NFL Teams auch gelegentlich an anderen Orten auf der Welt. Zunächst in den 1980er Jahren nur Vorbereitungsspiele, seit 2005 auch ein bis vier reguläre Meisterschaftsspiele (in London und Mexico City und dieses Jahr erstmals in München). Inzwischen war jedes der 32 Teams schon mindestens einmal im Ausland. Ein Team spielt aber normalerweise nur alle paar Jahre mal ein Spiel im Ausland. Schliesslich ist die Saison kurz (bislang nur 16 Spiele, seit 2021, neu, 17 Spiele in der regulären Saison (ohne Playoffs), also nur 8 bis 9 Heimspiele pro Saison), wenn da ein Spiel wegfällt ist das schon ziemlich bitter.
Seit Jahren wird auch schon darüber gesprochen, ein NFL Team in Europa zu installieren, in London, aber bislang ist da noch nichts passiert. War mal im Gespräch, dass die Jacksonville Jaguars nach London ziehen, aber ist bislang doch nicht passiert.
Interessant an der NFL ist, finde ich, dass sie zwar einerseits ein rein kommerzielles Unternehmen ist, in dem es darum geht, den Gewinn der 32 Teams zu maximieren und dass andererseits die 32 Teams zueinander ein geradezu kommunistisches Verhältnis haben. Die 32 Teams konkurrieren zwar sportlich aber nicht wirtschaftlich miteinander, die Gelder, die für Spielergehälter ausgegeben werden dürfen, sind gedeckelt, also für alle gleich. Das heisst Teambesitzer, mit einem Vermögen von 5 Milliarden Dollar haben keinen Vorteil gegenüber den ärmeren Teambesitzer, die vielleicht ein Vermögen von nur ein oder zwei Milliarden haben. Zudem wird über die Zuteilung der besten Nachwuchsspieler, wie überall im US Profisport, viel dafür getan, um die sportlich erfolgreichen Teams zu schwächen und sportlich schwachen Teams zu stärken und somit alle Teams auf einen ähnlichen Leistungsstand zu bringen (und damit spannende Spiele und damit gute Einschaltquoten und damit höhere Einnahmen für alle Teams zu garantieren). Im Grunde sind das nicht 32 Konzerne sondern ist ein Konzern mit 32 franchises, und der Konzern macht den Hauptgewinn, der dann an die franchises verteilt wird. Wobei die franchises unterschiedlich viel Wert sind (abhängig vom Wert der Marke und vom Standort) aber das ist dann in erster Linie angenehm für das Konto des Besitzers, den Teams gibt das, aufgrund der Deckelung der Spielergehälter keinen weiteren sportlichen Vorteil.
Ist halt eine etwas andere Welt da drüben. Und dann gibt es ja noch Collegefootball, das ist noch mal eine andere Sache. Und hier gibt es ganz viel Tradition und Rivalitäten und Rituale. Und, wie ich finde, auch viel mehr Begeisterung und Emotionen im Stadion als bei der NFL. Aber obwohl die student-athletes eigentlich reine Amateure sind, ist hier auch viel big business. An vielen Universitäten sind die mit Abstand am höchsten bezahlten Angestellten nicht die Nobelpreisträger (von denen es an US-amerikanischen Universitäten ja viele gibt) sondern die Head Coaches des College Football Teams. Auch irgendwie schräg.
Und schliesslich gibt es noch Highschool Football. Vielleicht ist das sogar am ehesten noch mit dem deutschen Vereinsfussball zu vergleichen.
Mir gefällt jedenfalls die Internationalisierung der NFL. Damals, zu Beginn der 1980er Jahre mussten wir jemanden in den USA kennen, der die Spiele auf Videocassette aufnahm, dann vom amerikanischen NTSC system auf PAL konvertierte, damit wir dann die Spiele zwei Wochen später auf unseren Videorecordern sehen konnten. Dankenswerter Weise hat die Firmal Pontel, mit Sitz in Düsseldorf, Mörsenbroicher Weg, das dann professionalisiert und man konnte sich dann von denen die Cassetten schicken lassen (bzw. ich bin mit dem Fahrrad da vorbei gefahren und habe mir die Cassetten direkt geholt). Tja, das war damals noch eine andere Zeit, ohne Internet und solche Dinge, können sich die Jungspunde hier, die sich jeden Sonntag die NFL auf Pro Sieben oder per Gamepass angucken, gar nicht vorstellen, wie das damals war (boh, komme mir gerade vor wie der Jus
).