Gesundheit & Corona

  • Worauf man in Europa stolz ist


    Dieser Erdteil ist stolz auf sich, und er kann auch stolz auf sich sein. Man ist stolz in Europa:

    Deutscher zu sein.

    Franzose zu sein.

    Engländer zu sein.

    Kein Deutscher zu sein.

    Kein Franzose zu sein.

    Kein Engländer zu sein.

    An der Spitze der 3. Kompanie zu stehn.

    Eine deutsche Mutter zu sein. Am deutschen Rhein zu stehn. Und überhaupt.

    Ein Autogramm von Otto Gebühr zu besitzen.

    Eine Fahne zu haben. Ein Kriegsschiff zu sein. (»Das stolze Kriegsschiff…«)

    Im Kriege Proviantamtsverwalterstellvertreter gewesen zu sein.

    Bürgermeister von Eistadt a. d. Dotter zu sein.

    In der französischen Akademie zu sitzen. (Schwer vorstellbar.) In der preußischen Akademie für Dichtkunst zu sitzen. (Unvorstellbar.)

    Als deutscher Sozialdemokrat Schlimmeres verhütet zu haben.

    Aus Bern zu stammen. Aus Basel zu stammen. Aus Zürich zu stammen. (Und so für alle Kantone der Schweiz.)

    Gegen Big Tilden verloren zu haben.

    Deutscher zu sein. Das hatten wir schon. Ein jüdischer Mann sagte einmal:

    »Ich bin stolz darauf, Jude zu sein. Wenn ich nicht stolz bin, bin ich auch Jude – da bin ich schon lieber gleich stolz!«


    Kurt Tucholsky, 1932

  • Also ich bin stolz Fortuna Fan zu sein. Das habe ich mir selber ausgesucht, Deutsche zu sein nicht. Und darauf bin ich auch nicht stolz, denn dazu habe ich mich zu oft geschämt.

    Außerdem bin ich stolz auf meinen Nachwuchs, denn da habe ich versucht mein Bestes zu geben und augenscheinlich ist aus dem was geworden.

    Dieser wieder aufflammende Nationalstolz kotzt mich an, egal wo. Und wir brauchen hier auch nicht um den heißen Brei reden, die Aussage "Ich bin stolz, ein Deutscher" zu sein ist Nazisprech.

  • Also ich bin stolz Fortuna Fan zu sein. Das habe ich mir selber ausgesucht, Deutsche zu sein nicht. Und darauf bin ich auch nicht stolz, denn dazu habe ich mich zu oft geschämt.

    Außerdem bin ich stolz auf meinen Nachwuchs, denn da habe ich versucht mein Bestes zu geben und augenscheinlich ist aus dem was geworden.

    Dieser wieder aufflammende Nationalstolz kotzt mich an, egal wo. Und wir brauchen hier auch nicht um den heißen Brei reden, die Aussage "Ich bin stolz, ein Deutscher" zu sein ist Nazisprech.

    Bedeutet also, das Engländer, Franzosen, Italiener, Türken (bitte in beliebiger Nationalität fortführen) auch Nazis sind, wenn sie stolz auf ihr Land sind? Das ist natürlich scheiße. Oder ist das nur so, wenn ein Deutscher stolz ist? Das würde ja dann schon fast an Diskriminierung grenzen, dieses nicht um den heißen Brei herumreden.

    Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen.

  • Ich habe ja geschrieben, das ich Nationalstolz überall scheiße finde. Wir wissen alle, das diese Aussage als erstes wieder von den Nazis oder meinetwegen Neonazis in Umlauf gebracht wurde.

    Ich würde allerdings nicht jeden direkt als Nazi bezeichnen, der diesen Satz verwendet aber mir ist unwohl dabei wenn ich diesen Satz höre.

  • Stolz


    Mit dem Begriff ›Stolz‹, dessen Verwendung seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen ist, wird ein spezifisches Selbstwertgefühl bezeichnet: das Bewusstsein oder das innere Gefühl, durch welches ein Mensch sich selber einen bestimmten Wert zuerkennt.


    Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Wir können das uns gebührende Maß an Ansehen und Geltung zutreffend einschätzen und uns damit ›richtig‹ bewerten – oder uns dabei überheben. Der Stolz kann also einmal, als ›Großmut‹ (ARISTOTELES dazu: »in der Mitte zwischen ›Engherzigkeit‹ und ›Aufgeblasenheit‹«) verstanden, eine Tugend sein – oder er ist im engeren Sinne des ›Hochmuts‹ eine Untugend.


    In seiner positiven Ausprägung beruht der Stolz also zuvörderst auf den durch eigene Leistung erzielten Erfolgen. In seiner anderen Ausprägung, in der als einer hochmütigen Empfindung, resultiert er eher aus geringem Selbstwert und ist in seiner schärfsten Form sogar begleitet vom Streben nach sozialer Dominanz durch Aggressivität, Einschüchterung oder Kontrolle.



    Nationalstolz


    Zum Nationalstolz hat sich bereits SCHOPENHAUER in seinen 1851 erschienenen Aphorismen zur Lebensweisheit [Parerga und Paralipomena] aufschlussreich geäußert:


    »Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.«

    "Initiation bezeichnet die Einführung eines Außenstehenden [...] in eine Gemeinschaft oder seinen Aufstieg in einen anderen persönlichen Seinszustand ..." | [Quelle: wikipedia, abgerufen am 24.05.2013] Regionalliga West, Saison 1967/68, 15. Spieltag, 12.11.1967 | Fortuna 95 - Westfalia Herne 4:0

  • hier kommt mir die, fast zeitgleiche, Herabwürdigung anderer Völker/Nationen, beim Nationalstolz zu kurz.


    Vielleicht waren dem vielsprachigen Schopenhauer, zudem auch ein Freund fernöstlicher Philosophien, solche negativen Einstellungen zu anderen Nationen derart fremd, dass er sie an seine oben zitierte Überlegung gar nicht erst angeschlossen hat. Vielleicht hätte sie auch gar nicht dorthin gepasst: Das Phänomen der übersteigerten Überzeugung vom Wert und von der Bedeutung der eigenen Nation bei gleichzeitiger Herabwürdigung anderer Nationen wollte ich da eher dem Nationalismus oder Chauvinismus zuordnen.


    Jetzt wäre eine Analyse einiger ähnlich scheinenden, sich jedoch unterscheidenden, Begriffe angezeigt:

    Nation | Nationalstolz | Patriotismus | Nationalismus | Chauvinismus | …


    Das allerdings will ich den Forumslesern und mir lieber ersparen, da dieses Themenspektrum aller Erfahrung nach zu politischen Diskussionen der zuweilen unerfreulichen Art verleiten und damit den fortunistischen Zusammenhalt gefährden könnte.

    "Initiation bezeichnet die Einführung eines Außenstehenden [...] in eine Gemeinschaft oder seinen Aufstieg in einen anderen persönlichen Seinszustand ..." | [Quelle: wikipedia, abgerufen am 24.05.2013] Regionalliga West, Saison 1967/68, 15. Spieltag, 12.11.1967 | Fortuna 95 - Westfalia Herne 4:0

  • Das ist ne schwierige Kiste, als Deutschland Weltmeister geworden ist war jeder Stolz auf die Mannschaft auf Deutschland und Stolz ein Deutscher zu sein, und mann hat wieder ohne sich schämen zu müssen die Deutschefahne geschwenkt,

    Ich nicht. Ich habe noch nie eine Deutschland-Fahne geschwenkt und werde das auch nicht tun. Weil ich einfach nicht wüsste, warum.

    Bevor jetzt die üblichen Reaktionen kommen: Ja, ich lebe sehr gerne hier und nein, ich möchte auch nicht nach drüben.

    "Ich werde nie von einem Verein oder einem Präsidenten abhängen - ich glaub', in Österreich haben Präsidenten von österreichischen Fußballclubs mehr Sponsoren verjagt als jeder andere. Nicht einen Euro, wenn wir nicht die Kontrolle, die Verantwortung und die Geradlinigkeit innehaben." (Dietrich Mateschitz, angeblich nur ein normaler Sponsor...)

  • Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.«

    Dann musste mir jetzt nur noch aufzeigen, wie es sich verhält, wenn man doch so einiges an eigenen Leistungen erbracht hat, auf die man stolz ist aber trotzdem noch Nationalstolz empfindet. Bin ich verquer? Bin ich gar ein Nazi? Oder ist das Thema mit weisen Sprüchen doch nicht ganz so umfassend zu erklären und abschließend zu beurteilen?

    Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten, weitergehen.

  • Das ist ne schwierige Kiste, als Deutschland Weltmeister geworden ist war jeder Stolz auf die Mannschaft auf Deutschland und Stolz ein Deutscher zu sein, und mann hat wieder ohne sich schämen zu müssen die Deutschefahne geschwenkt,

    Ich nicht. Ich habe noch nie eine Deutschland-Fahne geschwenkt und werde das auch nicht tun. Weil ich einfach nicht wüsste, warum.

    Bevor jetzt die üblichen Reaktionen kommen: Ja, ich lebe sehr gerne hier und nein, ich möchte auch nicht nach drüben.

    erklär mal bitte das letzte Wort

    Der Unterschied zwischen Leben und Existieren liegt im Gebrauch der Freizeit - youtube.com/qNM6IuA87eM

  • Der Nationalist hasst die Anderen. Der Patriot liebt die Seinen.

    Ich mag Amateure. Denn sie tun es aus Liebe.

  • Deutsch zu sein ist für viele wohl sehr schwer. Bin ich stolz auf mein Heimatland oder darf ich es nicht sein bzw soll ich das bloß nicht aussprechen, da ich sonst als Nazi angesehen werden könnte? Nazisprech, wenn ich sage, das ich stolz bin Deutscher zu sein?


    Selten so ein Unfug gelesen! Es soll jeder so handhaben wie er möchte bzw so fühlen wie er will. Wenn jemand sagt, das er es ist (weshalb auch immer), dann isses so. Verbundenheit zu seinem Heimatland hat nix mit rechts oder sonstwas zu tun. Wenn jemand nicht stolz ist, dann ist er auch kein Vaterlandsverräter oder treulose Tomate. Genauso Schwachsinn wie andersrum.


    Nationalstolz hat nichts mit politischer Gesinnung zu tun. Man ist es oder eben nicht. Ich bin Deutscher, bin durchaus stolz auf die Errungenschaften unserer Vorfahren, die für Freiheit gekämpft haben. "Stolz" auf tolle Persönlichkeiten, die uns allen vieles ermöglicht haben, was wir als selbstverständlich ansehen (Erfindungen).


    Und Pathos für sein Heimatland zu haben hat nix mit Nationalismus zu tun. Wird auch sehr gerne verwechselt bzw miteinander vermischt.


    Das es Menschen gibt, die rechts sind und diesen bestimmten Satz für sich einvernehmen, ist nicht zu ändern.


    Deutschland, mein Herz in Flammen. Will dich lieben und verdammen.


    Deutschland, deine Liebe ist Fluch und Segen. Meine Liebe kann ich dir nicht geben.


    Ich will dich nie verlassen. Man kann dich lieben. Und will dich hassen.


    Ein Ausschnitt des Songtextes Deutschland von Rammstein zeigt gut auf, wie viele Deutsche ticken/denken. Stolz, für viele schwierig. Muss man halt mit klar kommen oder auch nicht.

  • "Am Chauvinismus ist nicht so sehr die Abneigung gegen die fremden Nationen als die Liebe zur eigenen unsympathisch."

    Karl Kraus, einer der wenigen europäischen Intellektuellen, der 1914 nicht seinen Verstand verloren hat.

  • Zwar nicht (mehr) meine Marke, aber sonst stimmt's immer noch: :thumbsup: (Und die Karre, die nach diesem Clip kommt, hab ich mir als Oldtimer gerade gekauft.)


  • Um das mal zurückzufahren:

    Stolz darauf zu sein die dt Nationalität zu besitzen, ist dennoch keine Meinung und von daher ein vollkommen falsches Beispiel für die Diskussion über Meinungsfreiheit.

    Interessant das derjenige, der dies falsch zugeordnet hat, anderen die Fähigkeit zum Denken pauschal abspricht.