Da muss ich leider ganz klar widersprechen. Wenn jemand wegen einer neurologischen Erkrankung oder sonstiger Gründe nicht Herr seiner Sinne ist, oder bedeutend beeinflusst ist, kann man ihn vernünftiger Weise nicht für seine Taten verurteilen, vor allen Dingen dann nicht, wenn er diesen Zustand nicht mutwillig oder fahrlässig herbei geführt hat. Der logische Menschenverstand zwingt uns, diese Menschen zu 100 Prozent zu entschuldigen und logischer Weise auch zu bemitleiden, wenn sie sich selber durch ihr Handeln schädigen. Alles andere ist doch sachlich gar nicht zu erklären.
Vieleicht fehlt einigen auch einfach nur die Erfahrung mit solchen Erkrankungen, um zu verstehen, dass es sich dabei um schwere Erkrankungen handeln kann, die Menschen ihre Umwelt völlig verrückt wahrnehmen lässt und das im wahrsten Sinne des Wortes.
In der Verwandtschaft ist jemand an einer Psychose erkrankt. Dieser Verandte dachte irgendwann, dass Tote auferstanden sind, wir seine Bücher umgeschrieben haben, weil er sie nicht mehr lesen konnte, in der Glücksradsendung Botschaften aus dem Jenseits enthalten sind, ein Krokodil in einer Tiersendung im Fernsehen Kontakt mit ihm eine Botschaft mitgeteilt hat, die ganze Welt sich gegen ihn verschworen hat, alle ihn vergiften wollen, Außerirdische zu ihm sprechen und ihm veraten haben, dass ein Toter gar nicht tot ist ... Dieser Zustand wurde allein durch eine Schildrüsenoperation verursacht.
Wer schon mal einen manisch depressiven Menschen erlebt hat, kann sich durchaus vorstellen, dass in einem ungünstigen Moment durch einen emotionalen Impuls auch Amokläufe möglich sind. Ein sehr guter Freund war phasenweise der Meinung, dass er schlauer als Gott ist und an anderen Tagen ist ihm nicht aufgefallen, dass er Sex mit einem Transsexuellen hatte und am nächsten Tag war er so aggressiv, dass er seinen Vater bewusstlos geschlagen hat und am nächsten Tag war er wieder am Boden zerstört und total deprimiert. Das alles nur deshalb, weil er seine Lithiumtabletten nicht degelmäßig genommen hat!
Im gesunden Zustand konnten und können sich diese Personen an ihr Verhalten während der Krankheit nicht mehr erinnern und sind Sie vom Verhalten her völlig anders. Der manisch depressive Freund ist im gesundenzustand ein sehr höflicher und zurückhaltender Mensch, der beruflich auf hohem Niveau Englisch unterrichtet. Der ehemals an einer Psychose erkrankte Verwandte ist ein sehr gebildeter und und netter Mensch, der heute als Lehrer an einem Gymnasium tätig ist. Im kranken Zustand waren beide allein und ohne Hilfe nicht überlebensfähig und stellten teilweise eine Gefahr für sich selber und andere dar.
Der 18 Jährige wird im gesunden Zustand wahrscheinlich auch ein ganz lieber und einfühlsamer Mensch gewesen sein, der keiner Fliege etwas Böses antun konnte. Das sollte man dabei nicht vergessen. Auch wenn es schwer fällt, sollte man sich klar machen, dass er ohne sein Verschulden viele Menschenleben beendet hat und sein eigenes Leben ebenfalls.