Alles anzeigen[...]Würde mich über eine aktuelle Einschätzung des werten Users Ordnassac freuen.
Nun ja, wir ihr ja schon erwähnt habt, ist der Rechtsruck auch in der Schweiz zu sehen. Man muss aber auch einige Dinge einordnen: die SVP ist eine merkwürdige Partei, dass mehrere Richtungen hat. Übervater (aber wegen seinem Alter nicht mehr so stark) ist Christoph Blocher (der sogar von Teilen der SVP kritisiert wurde für seine Pro-Massnahmen-Haltung während Corona), aber in der gleichen Partei sind ultrarechte Leute wie Andreas Glarner und als gemäßigt geltende Agrarleute wie Guy Parmelin beinhaltet. Leider ist seit einigen Jahren der rechte Flügel das Lauteste (den Glarner kann ich nicht ab). Im Kanton Bern ist man aber z. B. mit der FDP (dem Freisinn) eine Listenverbindung eingegangen. Die SVP würde ich nie wählen, aber man muss leider sagen, dass die in vielen Teilen der Schweiz sehr gut eingebettet sind, bzw. sie mit als urschweizerisch geltenden Gefühlen/Ängsten (Übervölkerung der Schweiz, das fast schon sakrale Herbeirufen der Neutralität usw.) gut spielen kann.
Zum Kontext: die SVP hat zwar eines ihrer besten Ergebnisse eingefahren, aber ihr Rekordergebnis von 2015 nicht erreicht, während die Grünen für Schweizer Verhältnisse viel verloren haben, aber es ist immer noch ihr zweitbestes Ergebnis der Parteigeschichte. Interessant ist auch, dass die GLP (Grünliberale) noch schlechter "performt" haben, als die Grünen selbst.
Gute Nachricht: SVP und FDP haben keine Mehrheit im Nationalrat (in der Schweiz wahlweise "bürgerliche" oder "rechte Mehrheit" genannt). Das Zünglein an der Waage bleibt die Mitte (eine Fusion aus der katholischen CVP und der protestantischen BDP). Natürlich ruft das bei Schweizer Linken kein Freudengeschrei auf, aber für Schweizer Verhältnisse ist das nichts Neues.
Im Dezember kommt die übliche Neuwahl des Bundesrates (der Regierung). Die Frage wird sein, ob an der Zauberformel gerüttelt wird. Bislang besteht der 7-köpfige Bundesrat aus Mitgliedern folgender Parteien: 2 SVP, 2 SP, 2 FDP, 1 Mitte. (Die Mitte hatte bislang noch dazu den Bundeskanzlerposten innen, die ist in der Schweiz so was wie der Chief of Staff des Bundesrates).
Stellen sich folgende Fragen:
- werden die Grünen trotz des jetzigen Ergebnisses versuchen einen FDP-Bundesrat aus dem Sattel zu kriegen (da die Abwahl eines amtierenden Bundesrates äußerst selten und schwierig ist, sehe ich da wenige Chancen)
- die FDP wird aber trotzdem Probleme bekommen die 2 Bundesräte zu halten, also kann ich mir vorstellen, dass einer der zwei den Rückzug ankündigt. Wäre eine Chance für die Grünen, aber ob die Mitte da mitspielt und nicht selbst versucht einen neuen Bundesrat zu bekommen, da sie besser abgeschnitten hat, als die FDP, ist eine interessante Frage (wäre aber wünschenswert, da die bürgerliche Mehrheit der SVP und FDP ade wäre, aber ob man der Linken, also SP und Grüne, die gleiche Anzahl von Bundesräten gewährt, ist auch fraglich)
- es ist immer ein politisch wichtiges Zeichen welcher Bundesrat mit welcher Mehrheit gewählt wird, das gibt auch mehr Einfluss, trotz Konkordanz.
Ich erwarte, dass einige für bürgerliche Parteien wichtige Themen (Migration und firmenfreundliche Wirtschaft) etwas mehr im Fokus sein werden, während die Klimapolitik etwas in den Hintergrund gerät. Das ist nicht gut, aber vieles ändern wird sich in der politischen Schweiz eher wenig.
Danke für deine Einschätzung.
Dieser Glarner war früher übrigens mal bei Pro Köln.
Und fiel in den letzten Tagen wieder extrem unangenehm auf: