Wie willst du denn sonst Schützen auswählen? Wenn einer im Training immer wieder verschießt, stelle ich den wohl kaum auf. Natürlich nehme ich die, die im Training den besten Eindruck mache. Ob sie dann dem Drick gewachsen sind, ist doch eine ganz andere Frage.
Jeder Nationalspieler ist in der Lage, ausreichend hart und ausreichend platziert einen Elfmeter zu schießen. Das ist kein Hexenwerk. Eine Auswahl, wer jetzt die beste Schußtechnik hat oder noch platzierter als andere schießt, ist deshalb nicht hilfreich. Weil es im Wettbewerb vor allem darauf ankommt, cool zu bleiben und das auch umzusetzen. Deshalb muss die Hauptfokussierung darauf liegen, wer grundsätzlich gute Nerven hat und wer sich nach 120 Minuten am besten fühlt.
Oft ist es so, dass erfahrene Abwehrspieler fast immer sehr gute Elfmeterschützen sind. Da sie sehr klar im Kopf sind und in 1:1-Situationen bei Zweikämpfen auch die Nerven behalten müssen. Da ein Fehler dort meist mit einem Gegentor betraft wird. Gleichzeitig sind diese oft die schlechtesten Techniker, was die Schußtechnik angeht. Oft sogar regelrechte Holzfüße. Trotzdem sind diese wegen ihrer mentalen Stärke oft sichere Elfmeterschützen.
Und dass die Spieler selbst entscheiden müssen, weil nur sie wissen, wie es in ihrem Kopf aussieht, ist eigentlich auch nichts Neues. Denn auch ein sonst sicherer Schütze kann mal einen schlechten Tag oder ein schlechtes Gefühl haben und verantwortungsbewusste Spieler sagen das dann auch. Berühmtestes Beispiel ist Lothar Matthäus im WM-Finale 1990. Bester Spieler des Turniers, Leader in der Mannschaft und sonst ein guter Elfmeterschütze. Aber er konnte an dem Tag nicht sein paar Lieblingsschuhe anziehen, weshalb er kein gutes Gefühl hatte und hat dann darauf verzichtet, den entscheidenden Elfmeter zu schießen.